Der Schengen/Dublin-Besitzstand ist zu einer überkomplexen Rechtsdomäne geworden. Die Übernahme der Verodnungen, welche dem parlamentarischen Genehmigungsrozess (und gegebenenfalls dem Referrendum) unterliegen, wirft Fragen auf. Wiewohl die jeweiligen Botschaften sich durch ein Höchstmass an Bemühen um Verständlichkeit der jeweils neuen Rechtstexte (Weiterentwicklungen) und der Zusammenhänge mit anderen Erlassen auszeichnen, fragt sich, ob den parlamentarischen Gremien in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die Einsicht in die Konsequenzen gelingen kann. Verschärft wird diese Frage durch die oft verkürzten Parlaments-Debatten (Fraktionsdebatte oder verkürzte Fraktionsdebatte, IIIa und IIIb). Und erschwert wird das nötige Verstehen dadurch, dass der Bundesrat seinerzeit auf die Einrichtiûng einer "blauen SR"vverzichtet hat. Damit wird das Kennen des bisher geltenden Rechts zu einem (unnötigen) Hürdenlauf. Im Ergebnis führt dies zu einem weiten Auseinaderklaffen des Rechtsschutzes in Theorie und Praxis.Dies wird zu einem grossen Teil auch Leute betreffen, die weder Migranten noch Asylsuchende sind.
Darüber hinaus stellt sich aber die sehr grundsätzliche Frage, ob der Schengen/Dublin acquis communitaire (Besitzstand) sein zur Kompensation des freien Personenverkehrs innerhalb der EU anvisiertes Ziel der Bekämpfung der illegalen Migration bei gleichzeitiger Gewährung des Asylrechts oder der humanitären Aufnahme erreichen kann. Oder handelt es sich um ein "Medikament", dessen unerwünschte Nebenwirkungen stärker ins Gewicht fallen als die Bekämpfung des Übels? Ein Blick in die Geschichte und Geografie scheint deutlich zu machen, dass diese Strategie des "Filterns" grosser Zahlen von Migranten an den EU-Aussengrenzen nicht gelingen kann. Es bedarf der Bemühungen, die v.a. die wirtschaftlichen Ungleichgewichte als Motivation der Migration Richtung Europa mindern.